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 CD     
  Beethoven, Ludwig van: sieben|acht 
7. Sinfonie / 8. Sinfonie

hr-Sinfonieorchester
Hugh Wolff
, Dirigent


Ludwig van Beethoven
7. Sinfonie
8. Sinfonie


Hugh Wolff und Beethoven, das ist stets eine spannende Kombination. Davon zeugt auch die energiegeladene Einspielung, in der das hr-Sinfonieorchester seine reichen Erfahrungen mit historischen Spielpraktiken mit einbringt – ein vital musizierter, packend moderner Beethoven ist das Ergebnis.

Es war einer seiner größten Erfolge als Komponist, den der überzeugte Humanist und kämpferische musikalische Revolutionär Beethoven Ende 1813 feierte. Im Rahmen einer »Großen Akademie«, die er als Wohltätigkeitskonzert »zum Besten der bei Hanau invalide gewordenen österreichischen und bayerischen Krieger« veranstaltete, präsentierte Beethoven in der Aula der neuen Wiener Universität dabei gleich zwei neue Werke: sein sinfonisches Schlachtengemälde Wellingtons Sieg oder Die Schlacht bei Vittoria op. 91 und seine 7. Sinfonie op. 92.

1813 hatte sich auch Österreich gegen den in Russland schon geschlagenen Napoleon erhoben. Ganz Wien war daher zu dieser Zeit beherrscht von patriotischem Taumel, und so waren bereits beste Voraussetzungen für einen Erfolg der beiden Benefizkonzerte geschaffen. Von der Uraufführung an erklang die 7. Sinfonie in allen weiteren Aufführungen, die Beethoven leitete, auch stets mit ihrer »programmatischen Schwester« Wellingtons Sieg, und das jedes Mal begeisterte Publikum verstand die beiden Werke von Anfang an auch als zusammengehöriges Paar, als Einheit von »Kampf« (op. 91) und »Sieg« (op. 92) über Napoleon. Außerstande, den politischen Zusammenhang mit zu bedenken, betrachtete die nächste Generation bereits die Sinfonie als partikulares Meisterwerk, rein musikalisch. Die meisten Kritiker vermissten dabei das Poetische, das Lyrische. Carl Maria von Weber wollte Beethoven gar dafür ins »Irrenhaus« schicken. Richard Wagner wiederum nannte sie die »Apotheose des Tanzes« und Romain Rolland eine »Orgie des Rhythmus«.

In der Tat ist der Rhythmus das beherrschende Element der 7. Sinfonie. Das Rhythmische, das in Gestalt von vier einfachen Formeln jeden der vier Sätze so eindrucksvoll dominiert, ist jedoch niemals Selbstzweck. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen trägt die Siebte auch keine musikalischen Konflikte aus. Jeder Satz stellt seine Grundstimmung zu Beginn vor und variiert bzw. steigert sie ohne die für Beethoven sonst charakteristischen Brüche und Störungen. Ergebnis ist ein strahlend-festlicher Gesamtcharakter, eine befreiende Atmosphäre fernab aller Kämpfe der Realität, in der sich zugleich Beethovens Abschied vom »heroischen« Stil der früheren Jahre spiegelt.

Unmittelbar nach der 7. Sinfonie entstanden im Sommer 1812 auch große Teile der 8. Sinfonie. Und ihre Uraufführung fand 1814 in einer weiteren »Akademie« Beethovens im Redoutensaal der Wiener Burg statt, zusammen mit dem Erfolgsduo der 7. Sinfonie und Wellingtons Sieg. Im Unterschied zu der »großen in A« hat Beethoven seine Achte selbst die »kleine Sinfonie in F« genannt, und er liebte sie sehr. Dem Publikum machte das Werk bei der Uraufführung allerdings keinen tiefgreifenden Eindruck. Noch Jahre später beklagte ein Rezensent, dass es ihm beim Finale nicht möglich gewesen sei, dem »Ideenstrom des Componisten zu folgen, diese anscheinend chaotische Verwirrung zu enträthseln«. Tatsächlich stellt einen die 8. Sinfonie bis heute vor Rätsel. Sie gilt als Beethovens »humoristische«; zu Recht allerdings nur insofern, als man Humor nicht mit »platter Heiterkeit« verwechselt. Beethoven »verhandelt« in seiner Achten gleichsam mehrfach musikalische Traditionen. Mit ihrem archaisierenden, klassizistischen Tonfall nähert sich die Sinfonie wieder Mozart und Haydn an: Sie ist kurz und wohlproportioniert, in ihren Ecksätzen zeigt sich der traditionelle Themendualismus. Der zweite Satz ist auch kein pathetisches Adagio, vielmehr eine Konversationsmusik im Stil des Rokoko; und ihr folgt im Anschluss gar ein antiquiertes Menuett im alten, gemächlichen Zeitmaß. Freilich ist das Verhältnis zur Tradition ein gebrochenes. Beethoven orientiert sich nicht an ihr, sondern führt sie gleichsam vor. Die Distanz, die zwischen der musikalischen Vergangenheit und seinem eigenen kompositorischen Stil steht, wird dabei humoristisch auskomponiert: durch Normverstöße und Parodieverfahren, durch Übertreibung und derbe Späße.
Andreas Maul


Hugh Wolff zu dieser Produktion:

Das hr-Sinfonieorchester nutzt in aller Regel moderne Instrumente, aber diese Beethoven-CD präsentiert Naturhörner, Naturtrompeten und kleine Pauken. Die Streicher sind mit den ersten Violinen auf der linken und den zweiten Violinen auf der rechten Seite gegenüber platziert. Insgesamt sind es nur 52 Streicher: 14 in jeder Violingruppe, 10 Bratschen, 8 Celli und 6 Kontrabässe. Dies mag als kleine Details erscheinen, aber sie ändern die Art, wie wir uns dieser vertrauten Musik nähern, erheblich. Der Einsatz originaler Blechinstrumente verändert die Balance des Orchesters entscheidend. Auch wenn diese Instrumente natürlich laut spielen können, ihr Klang ist im Charakter generell heller und transparenter.

So waren die Holzbläser erstaunt darüber, wie leicht sie gehört werden konnten, ohne zu forcieren, und auch die Streicher stellten fest, dass sie mit gewaltiger Energie spielen konnten, ohne jede Klangverdickung. Die Links-Rechts-Platzierung der Violinen – zu Beethovens Zeit die Norm – bringt einige wundervolle Stereoeffekte zum Vorschein, die Beethoven gewiss erwartete zu hören, und die Farbpalette der Hörner ist entscheidend durch die Notwendigkeit geprägt, manche Töne mit der Hand im Trichter zu spielen. Wenn Beethoven einen solchen Ton schrieb, vor allem im forte, scheint das erzielte nasale Timbre gerade richtig für die Dramatik des Moments. Dies ist zweifellos der einzige Hornklang, der Beethoven vorschwebte, und etwas, das vollkommen verloren geht bei einem modernen Instrument.

Was das Streichervibrato angeht, so sind wir dem Vorsatz gefolgt: »weniger ist mehr«, und wir haben in einem hohen Maße Beethovens originale Bogenführungen und Artikulationen umgesetzt, so wie sie in der neuen Bärenreiter-Ausgabe zu finden sind. Was die viel debattierten Metronomangaben betrifft, die Beethoven 1817 hinzufügte, haben wir versucht, ihnen zu folgen, ohne die italienischen Tempoangaben zu ignorieren, denen sie hinzugefügt wurden. Insbesondere bei diesen beiden Sinfonien sind die Metronomgeschwindigkeiten im Allgemeinen völlig spielbar und scheinen sehr passend. Nur das Finale der Achten (Ganze = 84) wirkt in Beethovens Metronomgeschwindigkeit etwas hysterisch; es ist schließlich kein Presto, sondern ein Allegro vivace. Während man beim zweiten Satz der Siebten (Viertel = 76) denken kann: schnell, es ist ein Allegretto, ziemlich ungewöhnlich für einen langsamen Satz. Und das Finale der Siebten (Halbe = 72) wird häufig deutlich schneller als Beethovens Metronomgeschwindigkeit gespielt, Zweifel gegenüber der Vorstellung aufwerfend, dass sein Metronom falsch kalibriert war, sodass alle Geschwindigkeiten zu schnell sind. Beethoven war in jedem Detail sehr gewissenhaft, daher wären wir unverantwortliche Musiker, diese Angaben nicht wirklich sehr ernst zu nehmen.
Hugh Wolff


hr-musik.de /klassik
hrmk 034-06
15,- €
Booklet: 20 Seiten
deutsch/english

Weitere Informationen: www.hr-musik.de.




Bild
 Leipzig, Oper
© Andreas Birkigt



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